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Dava Sobel

Das Glas-Universum

Wie die Frauen die Sterne entdeckten

Berlin Verlag, München 2017

Gerade gibt es ein astronomisches Highlight, die „Große Konjunktion“, das auch hier in Schleswig-Holstein viele Hobbyastronomen in die kalten Nächte hinauslockt. Jupiter und Saturn erscheinen als „Doppelplanet“ und sind in der Nähe des Mondes zu beobachten. Kurz vorher, war ein Sternschnuppenregen der Geminiden über viele Nächte zu bewundern. Voraussetzung: ein klarer Himmel und das ist für Astronomen häufig ein Problem.

Bis zur Entdeckung der Fotographie war ein weiteres Problem, dass die Ereignisse am Himmel nicht für weitere Forschungen konservierbar waren, ja dass der Blick auf die flimmernden Sterne kaum eine Analyse zuließ. Mit der Entwicklung der Fotographie mit Fernrohren und Teleskopen, die immer größer und schärfer konstruiert werden konnten, änderte sich das.

Dava Sobel zeigt, wie die Sternefotographie einen Berufstand schuf, der an der amerikanischen Harvard University , Cambridge/Mass., stark in Frauenhand war. Das dortige Observatorium war seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts führend in der Sternefotographie der Welt. Die Auswertung der Fotoplatten, (aber auch ihre Erstellung durch einige von diesen Frauen), lag vor allem in der Hand von Frauen, die sich für die Sterne begeisterten. Es war eine akribische Such- und Dokumentationsarbeit, die nichts von der Strahlkraft der Sterne hatte. Sie fand in dunklen Räumen statt, wo die Fotoplatten mit der Lupe nach Sternen abgesucht wurden, ihre Zahl, Helligkeit, Farbe  und Stellung und sonstige Auffälligkeiten genau geschätzt und festgehalten und systematisch katalogisiert  wurden. Diese Frauen waren entweder Ehefrauen von Professoren oder Absolventinnen von Frauencolleges, die ab 1880 in den USA entstanden waren. Viele arbeiteten ehrenamtlich, andere bekamen einen minimalen Lohn, der außerdem auch noch deutlich unter dem ihrer männlichen Kollegen lag. Heute würden wir sagen: Ausbeutung von Frauen, damals waren die Frauen dankbar, dass sie überhaupt arbeiten durften und dafür auch noch Geld bekamen. Ein Aufstieg war ihnen aber lange versagt, genauso wie der Doktortitel.

Andererseits wurden viele der Forschungsvorhaben von reichen Frauen, die durch Erbe an Geld gekommen waren, aus unterschiedlichen Motiven heraus finanziert. Diese stifteten auch die ersten Stipendien und Preise für Frauen in der Astronomie.

Das Buch gibt einen tiefen Einblick in die Entwicklungsgeschichte der Astronomie und nebenher in die Arbeitswelt und soziale Lage der lebenden „Computer“. Es war vor allem eine immense Rechenleistung , die die Frauen erbrachten und es war für jene, die nicht über Ehemänner finanziell abgesichert waren, ein nicht enden wollender Kampf um ein einigermaßen auskömmliches Einkommen, meist von einem Stipendium zum anderen, ein Leben lang. Die meisten dieser Frauen waren und blieben unverheiratet. Mit der Heirat schieden sie aus dem bezahlten Berufsleben aus. Erst in den 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es die ersten Frauen, die die Chance bekamen, nach einer Eheschließung weiter in ihrem Job zu arbeiten. Aber das galt bekannter Weise nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa und zwar für alle Frauen aus dem Bürgertum, in allen Berufen und das noch sehr lange im 20. Jahrhundert.

Das Buch ist lesenswert, aber es ist kein sogenanntes Frauenbuch. Es ist ein historischer Abriss von großen Bereichen der Astronomie und im Besonderen der Rolle, die Frauen am Observatorium der Harvard University in der Entwicklung der Astronomie gespielt haben.

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