Buchbesprechung:
Christine von Oertzen:
Strategie Verständigung
Zur transnationalen Vernetzung von Akademikerinnen 1917 – 1955
Göttingen, Wallstein Verlag, 2012 – 528 S. – ISBN: 978-3-8353-0921-0
Das vorliegende Werk ist eine verbesserte Druckfassung einer Arbeit, mit der sich die Autorin an der TU Braunschweig habilitieren konnte. Dieses ist der Danksagung zu entnehmen.
Der Inhalt dieses Buches behandelt die Geschichte des Deutschen Akademikerinnenbundes (DAB) vor dem Hintergrund des anglo-amerikanischen Projektes einer „International Federation of University Women“ (IFUW).
In den düsteren Tagen des Ersten Weltkrieges formierte sich ein neues akademisches Netzwerk mit einem hochgesteckten Ziel: Eine länderübergreifende weibliche Bildungselite sollte für die Verständigung der Völker eintreten und gleichzeitig ihr eigenes wissenschaftliches Fortkommen international befördern. Das Buch rekonstruiert am Beispiel Deutschlands, inwiefern es den amerikanischen und britischen Initiatorinnen der „International Federation of University Women“ gelang, ihre doppelte Mission nicht nur über die Gräben des vergangenen Krieges hinweg, sondern auch unter den dramatischen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der folgenden Jahrzehnte umzusetzen. Eine besondere Rolle spielt die Zeit des Nationalsozialismus, während der die IFUW die akademische Fluchthilfe für Kolleginnen aus Deutschland und seinem wachsenden Machtbereich zur obersten Priorität erhob.
Die Untersuchung gliedert sich in sieben Kapitel, die chronologisch aufeinanderfolgen und jeweils verschiedene Aspekte des Internationalen Netzwerkes und seiner Verzahnung mit dem Deutschen Mitgliederverband in den Blick nehmen. Einige Stichpunkte aus dem Inhalt sind zu nennen: Transnationale Netzwerkgeschichte; Netzwerke für die Wissenschaft; Konflikte und Aufbruch in Deutschland 1919 – 1933; Abschottung und Neuvernetzung im >>Dritten Reich<<. Netzwerke weiblicher Weltgemeinschaft: Fluchthilfe der IFUW.
Der Text wird begleitet von zahlreichen Fußnoten. Der Biographische Anhang umfasst allein 81 Seiten neben dem umfangreichen Quellen- und Literaturverzeichnis, sowie dem Personenregister.
Das Buch lässt sich auch als Nachschlagewerk anhand einzelner Personen lesen. Dazu wählte ich als ehemaliges Mitglied des „Akademikerinnenbundes Hamburg“ ABH das Beispiel der Hamburger Oberschulrätin Emmy Beckmann. An diesem Beispiel erfuhr ich schon auf wenigen Seiten einschlägige Aspekte der Geschichte des Deutschen Akademikerinnenbundes zwischen 1933 und 1945.
Der Inhalt dieses Buches gliedert sich in sieben Kapitel, die chronologisch aufeinander folgen und jeweils verschiedene Aspekte des internationalen Netzwerkes und seine Verzahnung mit dem deutschen Mitgliedsverband in den Blick nehmen. Im zweiten Kapitel folgt die Autorin den Britinnen Caroline Spurgeon und Rose Sidgewick auf ihre offizielle Rundreise am Ende des Ersten Weltkrieges durch die USA und rekonstruiert die Motive und Hintergründe für die Gründung der IFUW. Der Aufbau der IFUW erfolgte zunächst unter Ausschluss der Akademikerinnen der ehemaligen Mittelmächte. Im dritten Kapitel widmet sich die Autorin unter anderem den zwei wichtigen Initiativen des Verbandes. Zum einen ist dies der Aufbau seiner drei großen internationalen Club- und Gästehäuser in Washington, Paris und London; zum anderen ist dies der Ausbau eines eigenen Internationalen Fellowship-Programms für Wissenschaftlerinnen. Die von der IFUW hier praktizierte wissenschaftliche Förderpolitik legte einen Grundstein für die Annäherung an die ehemaligen Kriegsgegner. Im vierten Kapitel widmet sich die Autorin den langwierigen innerdeutschen Auseinandersetzungen darüber, ob und wann deutsche Akademikerinnen in das neue weibliche Netzwerk einbezogen werden sollen und wollten und spiegelt damit die wissenschaftspolitischen Grabenkämpfe und nationalen akademischen Empfindlichkeiten wieder, welche die internationale Situation noch lange nach dem Ersten Weltkrieg kennzeichneten. Vor dem Hintergrund der tiefen Krise, in der sich die weibliche Akademikerschaft zu Beginn der Weimarer Republik befand, analysiert die Autorin, inwiefern es weiblichen Akademikern in Deutschland früher gelang als ihren männlichen Kollegen, den wissenschaftlichen Internationalismus nach dem Ersten Weltkrieg als Chance zu begreifen. Sie untersucht, die Gründung des DAB als transnationales Projekt und legt dar, inwiefern der deutsche akademische Dachverband als Versuch anzusehen ist, ein anglo-amerikanisches Modell weiblicher akademischer Traditionspflege auf deutsche Verhältnisse zu übertragen. Im fünften Kapitel geht es um die außerordentlichen politischen Herausforderungen, die sich sowohl für den DAB und seine Mitglieder als auch für IFUW aus der nationalsozialistischen Machtergreifung im Januar 1933 ergaben. Das sechste Kapitel rückt ins Blickfeld, was bislang weder in der Wissenschafts- noch in der Emigrationsforschung Beachtung gefunden hat. Das akademische Netzwerk weiblicher Weltgemeinschaft fungierte zwischen 1933 und 1945 als effiziente Fluchthilfeorganisation für seine verfolgten Mitglieder. Die Autorin legt im Kapitel 7 dar, wie jüdische Akademikerinnen selbst auf die zunehmende Entrechtung reagierten, was sie sich von ihren Kolleginnen im Ausland an Hilfe erhofften und wie sie ihr Leben und ihren weiteren Berufsweg in der Emigration meisterten. Kapitel 8 umfasst die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die Frage, inwieweit und wie es Akademikerinnen in Deutschland gelang, sich erneut international und national zu vernetzen und an Versuche weiblicher akademischer Traditionsbildung nach angloamerikanischem Muster anzuknüpfen. Der Autorin ist für ihre intensiven und aufwendigen Recherchen zu danken.
Manche Archivbestände sind durch Auflösung und Umzug nicht mehr zugänglich.
Kritik:
Der Titel des vorliegenden Buches lässt nicht sofort auf das interessante Thema des Inhaltes schließen. Ich hätte den Nebentitel: >>Zur transnationalen [internationalen] Vernetzung von Akademikerinnen 1917 -1955<< als Haupttitel vorgezogen. Bezüglich des Bibliographischen Anhanges merke ich an, daß die deutlichere Angabe des Herkunftslandes wünschenswert gewesen wäre.
Fazit:
Das Buch ist trotz der Fülle von Fakten eine recht gut lesbare und klare Untersuchung der umfassenden Geschichte des DAB vor dem Hintergrund der transnationalen Vernetzung.
(Gisela Kordes, stellv. Vors. des Deutschen Akademikerinnenbundes, Gruppe Kiel)